Haushaltsrede der CDU-Fraktion zum Haushalt 2016
... gehalten am 16.2.2016 vom Fraktionsvorsitzenden Andreas Bombel:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger,
wir haben ein anspruchsvolles Haushaltjahr vor uns. Das ist nichts Neues. Denn wir haben schon so manche knappe Haushalte verabschieden müssen. Es kommt in diesem Jahr wieder darauf an, dass wir Investitionen dort verankern, wo sie unseren Zielen dienen und Ausgaben da kürzen, wo sie diese Ziele nur peripher erreichen helfen.
Angesichts der Haushaltssituation in 2016 und den folgenden Jahren müssen wir aus Sicht der CDU-Fraktion auch den Mut haben, einmal gesetzte Prioritäten zu hinterfragen und insbesondere gleichwertig priorisierte Aufgaben neu zu gewichten.
Der Gemeinderat hat einige unserer freiwilligen Aufgaben durch seine Beschlüsse fast in den Rang von Pflichtaufgaben erhoben - oder die Art, wie wir unsere Pflichtaufgaben erledigen, auf einen hohen Standard gebracht. Wir sehen das im Bereich der Kleinkindbetreuung, bei der Schulsozialarbeit, dem Streetwork oder auch bei den Beschlüssen zur Ganztagesgrundschule. Diese Aufgaben belasten den Verwaltungshaushalt durch Personal- und Bewirtschaftungskosten und den Vermögenshaushalt durch bauliche Maßnahmen.
Was nach Finanzierung dieser Aufgaben dann noch an Maßnahmen im rein freiwilligen Bereich bleibt, müssen wir zum allergrößten Teil - wenn nicht komplett - fremdfinanzieren und treiben damit den Schuldenstand in die Höhe. Sowohl in diesem Jahr als auch in der mittelfristigen Finanzplanung.
Jetzt könnte man sich auf den Standpunkt stellen, diese freiwilligen Vorhaben einfach nicht zu verwirklichen. Das würde die Schuldenentwicklung eindämmen und die Rücklage schonen.
Was dann allerdings bliebe, wäre eine Stadt, die sich nicht mehr entwickelt. Eine Stadt, deren Infrastruktur sich verschlechtert und nicht mit den Ansprüchen der Bevölkerung mithalten kann. Eine Stadt, die an Attraktivität für Gäste, Gewerbetreibende, Einzelhandel und potenzielle Neubürger verliert.
Die infrastrukturellen Voraussetzungen in unserer Verwaltung verkraften bei annähernd gleicher Personalausstattung durchaus mehr Bürger. Mehr Bürger bringen Zuschüsse und durch ihre Steueranteile und ihren Konsum mehr Geld in die Stadt.
Wir haben in den letzten Jahren immer einen Wachstumskurs unterstützt und Investitionen befürwortet, die unsere Stadt und seine Einrichtungen attraktiv halten. Das werden wir auch dieses Jahr tun.
Unser Bauamt hat in den letzten Jahren Mammutaufgaben gemeistert und weitere vor sich. Die städteplanerische Entwicklung ist auf einem guten Weg. Richtig ist, dass man für große Projekte Investoren braucht, die an die Zukunft der Stadt glauben und in sie investieren wollen. Das können sie an den Standorten machen, die wir in langen Sitzungen konzeptionell für die kommenden Jahre festgelegt haben. Wir sind in unserer Arbeit zielgerichtet unterwegs und nicht investorengetrieben, wie manche behaupten.
Im Gegenteil: Die letzten Bebauungsplandiskussionen haben vielmehr unseren Eindruck verstärkt, dass wir uns bald den Vorwurf gefallen lassen müssen, anliegergetrieben zu sein. Manchmal kommt es uns so vor, als wäre alles, was als richtig, zukunftsorientiert und dem Gesamten dienend beraten wurde und mehrheitlich unterstützt wird, in dem Moment, in dem Anlieger durch ihre persönliche Anwesenheit Partikularinteressen verstärken, plötzlich nichts mehr wert ist.
Ich wage zu behaupten, dass viele Menschen es verlernt haben, sich als Teil einer Gemeinschaft zu sehen und – mehr oder weniger – egoistische Interessen vertreten.
Bei allen Herausforderungen müssen wir unsere Stadt verantwortungsvoll zu gestalten. Das ist gar nicht so einfach: Die politischen Spielräume sind eng, die Umstände sind oft widrig, das Geld ist knapp und es gibt Spannungen zwischen den Menschen. Hinter einer guten und richtigen Entwicklung für die Gesamtstadt müssen persönliche Interessen zwangsläufig auch mal zurückstehen. Davon unabhängig garantiert unser Rechtssystem, dass Anliegerinteressen im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren in aller epischen Breite thematisiert und zumindest zum Teil auch berücksichtigt werden können.
Die CDU-Fraktion wird auch weiterhin in den frühen planerischen Phasen großer Investitionen konstruktiv mitarbeiten und dann aber auch im weiteren Verfahrensverlauf voller Überzeugung für Projekte einstehen, die dem Wohl des Ganzen dienen, dem Wohl unserer Stadt.
Die Personalkostensteigerungen gehen dieses Jahr wieder zu mehr als 70% auf das Konto von Tarifsteigerungen, Besoldungserhöhungen und von Stellen, die wir unterjährig im Sozialbereich geschaffen haben oder nun schaffen müssen. Was dann noch an variabler Masse übrig bleibt, sollten wir sorgfältig betrachten. Die Stellenausweitung im Reinigungsbereich können wir momentan nicht mittragen. Denn neue Reinigungsflächenberechnungen sind das eine, die Praxis das andere. Wir erwarten, dass im Jahr 2016 beobachtet wird, wie viele Überstunden anfallen und ob sich ein Eindruck der schlechten Pflege ergibt, bevor diese Stellenaufstockungen genehmigt werden können. Dazu reichen wir einen Antrag ein.
Hinzu kommt eine 2015 geschaffene Stelle im Ausländeramt. Hier müssen wir auf die neuen Anforderungen reagieren, die durch die Flüchtlingsströme auf uns zukommen. Wir beobachten ein herausragendes Engagement vieler Ehrenamtlicher, der muslimischen Gemeinden, der Verwaltungen und vieler Ungenannter, auch aus dem Kreis des Gemeinderats, die ihren Teil dazu beitragen, dass die Not der Flüchtlinge abgemildert werden kann. Unsere Stadt kann wirklich stolz sein auf die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich bei der Flüchtlingshilfe engagieren!
In diesem Zusammenhang können wir nicht verstehen, dass die Landesregierung sich im Rahmen der Haushaltsberatungen nicht dazu durchringen konnte, in jedem Landkreis 100.000 Euro zur Verfügung zu stellen, um die ehrenamtlichen Helfer direkt zu unterstützen. Wer so handelt, wird irgendwann feststellen müssen, dass die Kraft unserer Ehrenamtlichen begrenzt ist und dass wir dringend mehr tun müssen, um sie zu fördern, wo immer wir können. Denn wenn der Staat diese Aufgaben irgendwann mit eigener Kraft meistern müsste, würden wir über ganz andere Haushaltsdefizite sprechen.
Ich möchte noch kurz auf die weiteren Anträge eingehen, die wir in diesem Jahr stellen:
Das neue Freibad wird endlich kommen. Das Thema Langenwaldsee - 2014 gleichrangig beschlossen - findet (fast) keinen Niederschlag mehr im Haushalt, auch nicht in der MiFriFi. Zumindest nicht so, dass wir daraus erkennen könnten, das Thema substantiell angehen zu wollen. Wir bedauern das sehr. Aus diesem Grund stellen wir den Antrag, dass im Rahmen der Aufräumarbeiten, die dieses Jahr eingeplant sind, neue Weichen gestellt werden, um das Gelände wieder in das Bewusstsein der Freudenstädter zu rücken und endlich zum Naherholungsgebiet zu entwickeln.
In den Ortsteilen beobachten wir, dass sich das finanzielle Engagement hauptsächlich im Bauunterhalt niederschlägt. Das ist angesichts knapper Kassen verständlich, aber so fehlen uns Entwicklungen, die in den Teilorten vorangetrieben werden sollten. Für Musbach und Wittlensweiler unterstützen wir die vom jeweiligen Ortschaftsrat maximal priorisierten Vorhaben mit zwei Anträgen, welche den Haushalt nur unwesentlich belasten und doch eine Perspektive eröffnen können.
Mit der Art der Erneuerung der Beleuchtung im Stadtgebiet und den Teilorten sind wir nicht zufrieden. Unterschiedliche Weißtöne und Strahlungsintensitäten schaffen kein gutes Bild. Durch eine spezielle Beleuchtung kann in der Innenstadt eine besondere Atmosphäre geschaffen werden und historische Elemente, Fassaden, Brunnen und prägende Gebäude werden gekonnt hervorgehoben und ins rechte Licht gerückt. Licht ist ein wichtiges Gestaltungselement im öffentlichen Raum. Das nutzen wir nicht so gut, wie es möglich wäre. Daher beantragen wir, ein Beleuchtungskonzept zu erarbeiten, an dem sich alle zukünftigen Arbeiten ausrichten sollen.
Wir leben in einer Kommunikationsgesellschaft. Und wir sind eine Tourismusstadt. Das Internet als Informationsmedium muss in Freudenstadt mobil besser nutzbar gemacht werden. Gerade unsere ausländischen Gäste sind auf einen kostenfreien Zugang zum Internet über WLAN angewiesen. Einerseits, um sich zu informieren, andererseits um ihre Erlebnisse mit Freunden in sozialen Netzwerken teilen zu können und so Werbung für Freudenstadt zu machen. Außerdem würden unsere jungen Mitbürgerinnen und Mitbürger mit ihrer oft beschränkten Bandbreite davon profitieren. Daher beantragen wir, an touristisch herausragenden Orten und dort, wo sich viele Menschen aufhalten, zeitnah einen Zugang zu schaffen. Unser Antrag soll die laufenden Bemühungen unterstützen und verstärken.
Wir haben zu Beginn der Rede davon gesprochen, dass man auch den Mut haben muss, Prioritäten neu zu gewichten. Wir sehen das Radwegekonzept als wichtigen Baustein unserer Entwicklung. Aber 80.000 Euro in Radabstellanlagen zu investieren und insgesamt 255.000 Euro auszugeben, ist momentan einfach zu viel. Zumal dann, wenn wir davon ausgehen können, dass sich die Rahmenbedingungen für öffentliche Förderungen zukünftig wohl eher verbessern werden. Daher beantragen wir, den Planansatz auf das dringend Notwendige, etwa 100.000 Euro, zu kürzen und die eingesparten Mittel, zusammen mit den Einsparungen im Stellenplan für die Umsetzung unserer anderen Anträge zu verwenden, sofern sie die Mehrheit des Gremiums finden.
Verehrte Kolleginnen und Kolleginnen,
Buddha wird ein Zitat zugeschrieben, das wir uns häufiger zu Herzen nehmen sollten.
Es lautet:
»Wenn du wissen willst, wer du warst, dann schau, wer du bist. Wenn du wissen willst, wer du sein wirst, dann schau, was du tust.«
Wir legen heute und in der nächsten Sitzung mit unseren Entscheidungen wieder einmal fest, wie die Stadt sein wird. Noch schöner, noch lebenswerter, noch zukunftsorientierter, noch attraktiver soll sie aus unserer Sicht sein. Das geht nur, wenn wir in die Zukunft investieren. Und das geht nur, wenn wir das große Ganze auch in Zukunft nicht auf dem Altar von Einzelinteressen opfern.
Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.